Der Bademantel aus dem Alsterhaus

Ich: Guten Tag. Können Sie mir behilflich sein?

Sie: Selbstverständlich, mein Herr. Was kann ich für Sie tun?

Ich: Ich bin auf der Suche nach einem Bademantel der Firma – piiiiiiiiep –. Mit deren Qualität war ich immer sehr zufrieden.

Sie: Oh, in Ihrer Größe haben wir leider nichts vorrätig. XXL müsste ich bestellen.

Ich: Nein danke, ich möchte nicht noch einmal wiederkommen. Haben Sie etwas Vergleichbares vorrätig – in mindestens der gleichen Qualität?

Sie: Ja, schauen Sie hier. Ein besonders schönes Stück von der Firma – piiiiiiiiep –. Sehr hochwertig verarbeitet. Und in Ihrer Größe gibt es ihn in Grau und Blau.

Bademantel Alsterhaus

Ich: Tatsächlich. Fühlt sich gut an. Schwere Ware. Und dazu noch so lang – viel länger als der von der Firma – piiiiiiiiep –.

Sie: Genau. Und sehr gut verarbeitet.
Ich: Ach, der ist aber auch schön. Kamelhaarfarben. Ist dieser hier auch von der Firma – piiiiiiiiep –?

Sie: Nein, das ist ein Luxusmodell von – piiiiiiiiep – aus Frankreich. Bedauerlicherweise habe ich nur noch dieses Ausstellungsstück in Ihrer Größe. Aber der blaue und der graue …

Ich: Nein, die beiden kommen nicht mehr infrage. Dieser hier hat es mir angetan. Darf ich ihn mal anprobieren?

Sie: Aber gerne doch. Schlüpfen Sie ruhig hinein. Feinste Schlingenware.

Ich: Schlingenware? Was immer das ist – behalten Sie’s für sich. Stellen Sie sich vor, vor Ihnen stünde ein Suizidgefährdeter. Der bekäme bei dem Wort Schlingenware gleich leuchtende Augen.

Sie: Ach, Sie nun wieder.

Ich: Ja, der fühlt sich fantastisch an. Wunderbar. Einfach wunderbar. Ein Bademantel zum Drin-Wohnen.

Sie: Ha, das habe ich ja noch nie gehört. Wer wohnt denn in einem Bademantel?

Ich: Ich, gnädige Frau. Und Hugh Hefner, der Playboy-Chef. Das ist aber auch das Einzige, was mich mit ihm verbindet – leider.

Sie: Ehrlich? Das glaube ich Ihnen nicht. Tragen Sie immer nur Bademantel, wenn Sie zu Hause sind?

Ich: Ja, genau. Und manchmal auch beim Einkaufen. Und in der Oper.

Sie: Was? Das glaube ich nicht!

Ich: Nein, war nur ein Scherz. Soweit bin ich noch nicht. Aber wer weiß. 
In Ordnung, den nehme ich. Aber in neu – und nicht diesen hier, in dem sich vor mir wer weiß wie viele andere genüsslich gesuhlt haben. 

Sie: Niemand hat sich darin gesuuuuhlt! Nur anprobiert – wie Sie auch. Höchstens ein oder zwei Mal, nicht mehr.

Ich: Jaaa, liebe Frau, das vermuten Sie. Aber entspricht das auch den Tatsachen? Soll ich für ein getragenes Stück den gleichen Preis bezahlen wie für ein originalverpacktes? Wirklich? Wollen Sie nicht doch einmal im Lager nachschauen, ob es noch einen originalverpackten gibt?

Sie: Nein, gibt es leider nicht. Ehrlich. Tut mir wirklich leid. Aber der hier ist doch wie neu.

Ich: Sehen Sie doch mal hier, an den Achseln. Es riecht eindeutig nach Schweiß.

Sie: Überhaupt nicht! Hier riecht gar nichts nach Schweiß.

Ich: Aber es könnte an dieser Stelle nach Schweiß riechen. Immerhin handelt es sich bei diesem Luxusbademantel um ein getragenes Stück.

Sie: Gar nicht! Der ist wie neu.

Ich: Und schauen Sie hier – am Revers. Alles voller Brusthaare.

Sie: Ich sehe kein einziges Haar!

Ich: Aber genau dort könnten sich Brusthaare befinden – bei einem bereits von mehreren Männern getragenen Bademantel. Und wenn ich ihn jetzt aufschlagen würde, um sein Inneres zu inspizieren, würde ich vermutlich büschelweise Schamhaare …

Sie: Was halten Sie von einem Preisnachlass von zehn Prozent?

Ich: In Ordnung. Ich nehme ihn.