»Warum ist Hitze für ältere Menschen so gefährlich, Opa?«
»Nun, zunächst einmal, Hitze ist für alle Menschen gefährlich, mein Junge. Sogar für Kinder.
Die Gefahren sind ähnlich, nur treten sie bei älteren Menschen schneller ein, weil ihr Körper in vielerlei Hinsicht nicht mehr so widerstandsfähig ist.
Zum Beispiel ist das Durstgefühl nicht mehr so ausgeprägt. Das hat eine verminderte Aufnahme von Flüssigkeit zur Folge, was wiederum zu einem Flüssigkeitsverlust führt, einer Dehydrierung, und somit einen Volumenmangel darstellt, der sich auf das Blutplasma auswirkt.«
»Was ist Blutplasma?«
»Das ist der flüssige Anteil im Blut.«
»Das Blut wird also dicker?«
»Ja, das wird es. Und es fließt langsamer, was die Gefahr von Blutgerinnsel erhöht. Und im Zusammenspiel mit der Schweißregulation, die bei älteren Menschen nicht mehr so ausgeprägt ist, funktioniert das Kühlsystem nicht mehr hundertprozentig. Das hat zur Folge ….«
»… dass sich der Körper aufheizt?«
»Genau. Stell dir vor, wir machen einen Spaziergang. Die Außentemperatur beträgt 32°C, was für manche ältere Menschen schon ein kritischer Wert sein kann. Die Asphalttemperatur beträgt, sagen wir, 38°C. Diese Wärmeglocke wirkt jetzt ständig auf den Körper ein, der ja selbst eine Körpertemperatur von 37°C hat und die sich in diesem Wärmemilieu langsam, aber kontinuierlich erhöht.«
»Warum?«
»Nun, was passiert? Normalerweise schwitzt der gesunde Mensch, gibt also Flüssigkeit, also Wärme, nach außen ab, kühlt sich sozusagen selbst ab, was der Erwärmung des Körpers entgegenwirkt. Ältere Menschen können oft nicht mehr optimal schwitzen und haben wahrscheinlich auch ein Flüssigkeitsdefizit, wodurch ihre Körpertemperatur unweigerlich ansteigt.
Eine gefährliche Situation, die sich unter anderem durch eine gerötete und heiße Haut bemerkbar macht.
Die Venen, also die Blutbahnen, die direkt unter der Haut verlaufen …«
»Wo der Doktor immer reinpiekt, Opa?«
»Genau, diese Venen, oder Adern, erweitern sich im ganzen Körper, um möglichst viel innere Wärme abgeben zu können, deshalb erscheint die Haut rot und fühlt sich heiß an.
Da nun aber so viel Blut in den Venen ist und den Organen nicht mehr in ausreichender Menge zur Verfügung steht, kann es sein, dass die inneren Organe unzureichend mit dem lebensnotwendigen Sauerstoff versorgt werden, den das Blut in die Organe transportiert. Betroffen sind in erster Linie das Gehirn, das Herz und der Darm. Es drohen Schlaganfall, Herzinfarkt, Herzrhythmusstörungen. Entzündungsstoffe werden provoziert, die schlagartig Gerinnungsfaktoren aktivieren und so Thrombosen begünstigen. Das sind kleine Blutgerinnsel, die Gefäße verstopfen können.«
»Ja, hab ich schon mal gelesen. Wenn sich eine Thrombose aus einer Beinvene löst, kann sie eine Lungenembolie auslösen.«
»So ist es, wenn sie nicht ins Herz oder ins Gehirn gelangt.«
»Ab welcher Körpertemperatur wird es gefährlich, Opa?«
»Bereits schon ab 38°C beginnen die ersten Symptome. Das Schwitzen reicht nicht mehr aus, um die überschüssige Wärme abzuführen. Gefährlich wird es ab 40°C.«
»Kann man an einem Hitzschlag sterben?«
»Oh ja, das passiert häufiger als man denkt. Je nach Intensität und Dauer einer Hitzeeinwirkung kann jede Hilfe zu spät kommen. Neulich berichtete eine Notärztin von einem Straßenbauarbeiter. Er hatte den ganzen Vormittag gearbeitet, als ihm schwindelig wurde und seine Kollegen den Notarzt riefen. Im Krankenhaus eingeliefert, bekamen sie seine Körpertemperatur von 41°C nicht mehr in den Griff und er starb. Ein 32jähriger Mann steht morgens gesund auf und ist am Nachmittag tot.«
»Schlimm! Woran erkenne ich denn, wenn ein Hitzschlag droht, Opa?«
»Die Person klagt über starke Kopfschmerzen und Schwindel, hat eine trockene, heiße Haut und redet vielleicht wirres Zeug.
Dann musst du Folgendes tun:
Als Erstes musst du sofort den Notarzt rufen.
Dann sofort die Person an einen kühlen Ort bringen. Möglichst in einen Hausflur oder ähnliches. Im Schatten wird sich sein Zustand durch die Umgebungstemperatur kaum verbessern.
Sofort die Kleidung öffnen und die Hosenbeine hochkrempeln. Sämtliche Möglichkeiten einer Kühlung sofort nutzen. Den ganzen Körper kühlen, auch die Beine. Hier verlaufen zahlreiche Venen unmittelbar unter der Haut und eignen sich besonders gut zum Kühlen.
Ebenso der Nacken, die Leistengegend, die Handgelenke und die Achselhöhlen.
Kühles Wasser nutzen, nasse Handtücher, kühle Luft, alles, was dem Körper die Wärme entzieht. Auch Eispackungen sind gut, die in Tücher eingewickelt sein sollten. Die Körpertemperatur muss unbedingt gesenkt werden, um die massiven Elektrolytstörungen zu stoppen, die Zellen und Organe schädigen.
Und unbedingt trinken lassen. Keine zuckerhaltigen Getränke. Am besten Wasser, aber nicht eiskalt.«
»Macht dir große Hitze auch zu schaffen, Opa?«
»Ein wenig. Aber ich bleibe dann immer zu Hause. Da ist es schön kühl. Um mich brauchst du dir keine Sorgen zu machen, mein Junge.«
»Ok.«