Jonas und sein Opa.
Warum demonstrieren so viele Leute gegen rechts, Opa?
»Meiner Meinung nach gibt es dafür zwei Gründe, Jonas: Zum einen erfahren die Rechtsradikalen nicht nur in Deutschland, sondern überall auf der Welt einen beängstigenden enormen Zulauf. In Deutschland ist die …«
»… AfD?«
»Genau, in Deutschland ist die AfD bereits die zweitstärkste Kraft. Das verursacht nicht nur bei unseren Bürgern Angst, sondern auch bei der Bundesregierung. Auf der einen Seite gehen wir Bürger auf die Straße, um zu zeigen, dass in unserem Land keine Rechtsradikalen willkommen sind, die größtenteils in der AfD vermutet werden. Auf der anderen Seite versuchen unsere Politiker, die AfD loszuwerden, indem sie versuchen, ein Verbot zu erwirken. Zumindest aber soll die AfD finanziell geschwächt werden, indem staatliche Zuschüsse gekürzt werden.«
»Warum ist das feige, Opa?«
»Weil ein Verbot oder die Schwächung einer Partei, die dem Deutschen Bundestag angehört, äußerst undemokratische Mittel sind, um eine Konkurrenz loszuwerden. Vielmehr sollte die Bundesregierung konkret etwas gegen den Volkszorn tun, der hier im Land schon seit langem brodelt. Dann würden die Rechtsradikalen keinen nennenswerten, besorgniserregenden Zulauf haben.«
»Weshalb ist das Volk so zornig, dass es zur AfD wechselt?«
»Na, das hast du doch sicherlich mitbekommen, oder nicht, mein Kleiner?«
»Meinst du das Problem mit der Migration?«
»Ja, aber das ist nur ein Problem. Viele Menschen sind verärgert, weil sie einen erheblichen Teil ihrer Steuergelder für die Migration hier in Deutschland hinblättern müssen. Darüber hinaus werden der Türkei, Merkels Willkommenskultur sei Dank, jährlich Milliarden von weiteren Steuergeldern gezahlt, damit sie Migranten daran hindert, nach Europa einzureisen. Dieses Geld fehlt dann hier in Deutschland für eine funktionierende Infrastruktur.«
»Was ist Infrastruktur?«
»Das sind Straßen, Brücken, Transport, öffentliche Gebäude, Schulen, Krankenhäuser, Sport- und Freizeitanlagen, Datenleitungen, Energie- und Wasserversorgung. Alles, was die Qualität eines Landes ausmacht.«
»Worauf sind die Leute noch zornig?«
»Zum Beispiel darauf, dass zahlreiche Muslime und Menschen mit Migrationshintergrund gegen Juden wettern, unsere Demokratie nicht wertschätzen, indem sie ihre eigenen Werte über die unseren stellen.«
»Rashid und seine zwei Freunde haben Anne eine “Bitch” geschimpft, weil sie ein
bauchfreies Shirt anhatte. Sie haben gesagt, ein anständiges Mädchen trägt so etwas nicht und in ihrem Land hätte man sie dafür verprügelt. Der Lehrer war ganz schön sauer und hat Rashid angebrüllt, dass hier in Deutschland eine andere Kultur herrscht und er diese akzeptieren solle, ansonsten könne er ja wieder zurück in sein Land gehen. Meinst du das mit “eigene Werte über die unseren stellen”, Opa?«
»Ja, das ist ein gutes Beispiel und eine gute Reaktion von dem Lehrer, wie ich finde.
Besser als wegschauen.«
»Am nächsten Tag hat Annas Vater den Rashid am Kragen gepackt und ihm gesagt, dass, wenn er noch ein einziges Mal in die Nähe von Anna kommt, er ihn nach Strich und Faden verprügeln würde. Rashid war ganz weiß im Gesicht vor Angst und hat nie wieder mit Anna gesprochen.«
»Hoffentlich haben Rashid und seine Freunde daraus gelernt.«
»Ich glaube schon. Was macht die Leute in unserem Land noch zornig, Opa?«
»Nun, zum Beispiel sind die Lebensmittel seit dem Ukraine-Krieg teurer geworden, ebenso wie die Energiekosten. Arme Menschen greifen sogar zu rohem Gemüse, um Energiekosten zu sparen. Das ist in unserem so reichen Land bedauerlich und keineswegs hinzunehmen! Hinzu kommt, dass sie jetzt auch noch hunderte Euro Heizkosten nachzahlen müssen. Und die Mieten sind auch noch gestiegen.
Deutschland gehört in diesem Jahr zu den wirtschaftlich schwächsten Ländern weltweit. Das schürt Ängste und lässt das Vertrauen in die Politiker schwinden, die bisher wenig dazu beigetragen haben, das Versprechen „Zum Wohle des deutschen Volkes“ einzulösen.«
»Und was passiert dann?«
»Tja, mein Lieber, wenn nichts oder zu wenig unternommen wird, um den Volkszorn zu besänftigen, versiegt als Erstes die konstruktive Gesprächskultur. Sie ist der Nährboden für Widerstand, Aufstand und Revolution. Die Gesellschaft beginnt entweder, sich gegen die Obrigkeit zu verbünden, wie es 1989 der Fall war und zum Sturz des SED-Regimes führte. Oder die Gesellschaft spaltet sich, wie es 1933 geschah, als die Nationalsozialisten die Macht übernahmen.
Diese Verbrecherbande habt ihr in der Schule schon durchgenommen?«
»Schon längst.«
»Na, dann weißt du ja, warum die Leute so viel Angst vor den Rechtsradikalen haben. Aber eines möchte ich noch erwähnen: Ein guter Demokrat versucht immer so objektiv wie möglich zu sein, Jonas. In Bezug auf die AfD möchte ich dir sagen, dass diese Partei keine Nazi-Partei ist, wie viele es glauben machen möchten. Sicherlich sind in ihr Leute vertreten, wie sie übrigens auch in anderen Parteien vertreten sind, die nationalsozialistisches Gedankengut haben, aber das betrifft nicht alle Parteimitglieder. Die AfD, so unsympathisch sie mir persönlich auch ist, ist eine demokratische Partei, mit Politikern besetzt, die keine Nazis sind. Solange diese Partei im Deutschen Bundestag sitzt, ist sie genauso demokratisch anzusehen wie die etablierten Parteien auch. In einer Demokratie dürfen Parteien jeglicher ideologischer Ausrichtung vertreten sein, sei es liberal, konservativ, sozialistisch, kommunistisch, libertär oder populistisch. In einer Demokratie wird die Vielfalt der politischen Überzeugungen und Ideen respektiert, solange sie im Rahmen des Rechtsstaats und der demokratischen Prinzipien agieren.«
»Ja, das hat auch unser Lehrer so ähnlich gesagt, Opa.«
»Guter Lehrer, gefällt mir.«