Balkonien oder Bali?

Ist es wirklich wegen der Erholung, des Ausspannens wegen?
Kommt man wirklich so erholt und entspannt aus dem Urlaub zurück, oder redet man sich das nur ein, um diesen und den nächsten Urlaub zu rechtfertigen? Oder ist es nur reine Gewohnheit oder gar die Angst vor dem Neuen? Nicht jeder trägt das Entdecker-Gen in sich.

Es muss also wieder eine Fernreise sein?
Ach so, zur Entspannung und Erholung, verstehe.
Und das geht nur in fernen Ländern?
Ah ja, natürlich, die Kultur, die fremde, die interessiert Sie und Ihre Frau selbstverständlich auch.
Jedes Jahr Bali? Und immer im gleichen Strandhotel? 

Urlaub in Bali oder Balkonien

Mein Nachbar: »An diesem hoteleigenen Strand gibt es nicht so viele Sandflöhe, die einen den ganzen Tag über piesacken, wissen Sie? Und nachts gibt es hier auch nicht so viele Moskitos wie anderswo. An Durchschlafen ist trotzdem nicht zu denken, auch, weil das Meer so laut ist. Die Natur ist grundsätzlich laut.«
»Sie sind also immer unausgeschlafen?«
»In der ersten Woche auf jeden Fall. Zu den Sandflöhen, den Moskitos und dem lauten Meer gesellt sich oft noch ‘Montezumas Rache’ hinzu, wenn Sie verstehen, was ich meine. Und dann ist da noch der Jetlag. Der dauert bei mir immer zwischen sechs und acht Tagen. Aber nach achtzehn Stunden Flug und vier Stunden Fahrt mit dem verspäteten Zug zum Flughafen verbringt man den ersten Tag sowieso nur mit Schlafen, vorausgesetzt, die Koffer sind mit der gleichen Maschine gelandet. Letztes Jahr konnten wir sie erst am siebten Urlaubstag in Empfang nehmen. Ärgerlich, denn darin waren unsere Plastikplanen darin verpackt, die wir über die Matratzen legen, um vor eventuellen Bettwanzen sicher zu sein. Ein Jahr zuvor hatten wir welche mit nach Hause gebracht. Wir mussten einen Kammerjäger rufen, der die Biester schließlich vernichtet hat.«
»Ach du liebe Zeit. Und was ist mit Impfungen?«
»Die ganze Palette: Hepatitis A, Hepatitis B, Influenza, Japanische Enzephalitis, Tollwut, Typhus, Dengue, Malaria.«
»Um Himmels willen. Sie sind ein wandelnder Chemiecocktail. Und die Rückreise verläuft problemlos?« 

»Hören Sie auf. Letztes Jahr saßen wir wegen schlechten Wetters elf Stunden am Flughafen fest, bis es endlich losging. Dann achtzehn Stunden Flug. In Deutschland mussten wir in Frankfurt übernachten, weil die Bahn streikte. Dann standen wir geschlagene fünf Stunden am Bahnhof und warteten auf unseren Zu, der dann auch noch mit zwei Stunden Verspätung an unserem Zielbahnhof ankam. Mir grummelt jetzt schon der Magen, wenn ich an die Rückreise denke. Und Sie, wo machen Sie Urlaub?«
»Auf Balkonien.«
»Wie das?«
»Mit Urlaub verbinde ich absolute Entspannung. Ein bisschen Ostsee hier, ein bisschen Nordsee da und der Rest spielt sich auf meinem Balkon ab. Inspiriert hat mich dazu der Italiener Armando, der in Stefan Maiwalds Buch „Meine Bar in Italien“ auf die Frage des Autors, wo er denn seinen Urlaub verbringe, mit erhobenen Armen und himmelwärts gerichteten Augen antwortete: „Ho il mio divano“ (Ich habe mein Sofa).«