Ein Fall aus dem Sozialamt Hamburg-Altona. Einnahmen aus Flaschensammeln werden dem Rentner angerechnet.

    von Christian Stoll, 18.10.2025

Seine Rente reicht nicht – ein Leben am Limit
Sie reicht nicht, weil er in der Finanzkrise 2008 viel Geld verloren hat und seine restlichen Ersparnisse während der Coronakrise aufgebraucht waren.
Das Sozialamt zahlt ihm nun  “Grundsicherung im Alter” – jeden Monat.
Das Geld reicht gerade so, um über die Runden zu kommen. 

Sozialamt Hamburg-Altona. Die Einnahmen aus einer Flaschensammlung werden dem Rentner angerechnet.

Für Bio-Produkte oder Fisch und Fleisch aus dem Supermarkt reicht es nicht.
Oft isst er seine Mahlzeiten kalt und bewegt sich in seiner kleinen Wohnung im Dunkeln, um Strom zu sparen.
Auf kulturelle Veranstaltungen, die früher einen wichtigen Teil seines Lebens ausmachten, muss er aus finanziellen Gründen verzichten. Auch auf Restaurantbesuche und auf Urlaube.
Vor die Tür geht er nur, wenn es draußen trocken ist, damit sein rechter Fuß nicht nass wird, durch das Loch im Schuh.

Die Kürzung ohne Vorwarnung 
Eine Sachbearbeiterin im Sozialamt Hamburg-Altona  – offiziell „Fachamt für Grundsicherung und Soziales“ – hat den Betrag seiner Grundsicherung seinerzeit gekürzt. Einfach so. Ohne ihn vorher darüber zu informieren. 27 € für Wasser und 85 € für Strom. Er schrieb ihr, um den Grund zu erfahren. Sie antwortete nicht auf sein Schreiben und reagierte auch nicht auf sein Erinnerungsschreiben. Stattdessen meldete sich das Sozialamt. In einer anonymisierten E-Mail ohne Unterschrift teilte es ihm mit, dass die Abrechnungsunterlagen für den Verbrauch von Gas und Wasser nicht eingereicht worden seien.
Der Rentner reichte sie nach.

Von dem stark reduzierten Restgeld bezahlte er weiterhin die laufenden Kosten – darunter auch die Abschläge für Gas und Wasser – Monat für Monat.
Im August 2025 waren seine finanziellen Mittel erschöpft. Ausgerechnet jetzt gingen ihm die Medikamente aus. Die Beschaffungskosten waren hoch. Er musste handeln und begann, Pfandflaschen zu sammeln.
Die Einnahmen in Höhe von 58,25 € meldete er dem Amt, wie vorgeschrieben.
Die Sachbearbeiterin zog den Betrag ab. Ihre Begründung: Pfandgeld sei Einkommen und müsse angerechnet werden. 

Recht versus Gerechtigkeit
Muss es das wirklich?
Ist sie tatsächlich verpflichtet, einem alten, bedürftigen Mann das Geld wegzunehmen, das er sich nachts durch das Sammeln von Pfandflaschen aus unzähligen Mülleimern dazuverdient hat – nur weil sie ihm zuvor die Auszahlung der Beträge für Gas und Wasser verweigert hat?

Fehlt es ihr schlicht an Empathie, sozialem Verständnis und dem Bewusstsein für die Ethik ihres eigenen Handelns? 
Anstatt die Eigeninitiative des Rentners als Ausdruck von Würde, willenskraft und Verantwortungsgefühl zu würdigen, beruft sie sich auf einen Paragrafen und nutzt diesen als Instrument für eine weitere Kürzung. 
Zwischen Paragraf und Mensch liegt ein flexibler Raum, den man Anstand nennt.

Hinter verschlossenen Türen der Bürokratie
Den gleichen Umgang, den der Rentner Hans S. erfahren hat, erleben vermutlich auch alle anderen Leistungsempfänger, die von derselben Sachbearbeiterin betreut werden.
Auch ihnen wird das Geld gekürzt – ohne vorherige Ankündigung.
Auch sie erhalten keine Antwort auf ihre Schreiben, und ihr gemeldetes Einkommen wird von der Grundsicherung abgezogen.

Dieser unpersönliche Umgang mit den Schwächsten unserer Gesellschaft findet tagtäglich hinter verschlossenen Türen statt – unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Wer Hilfsbedürftigen ohne Empathie, mit Misstrauen oder Feindseligkeit statt mit Respekt begegnet, beschädigt mehr als nur das soziale Gefüge.
Er beschädigt das Fundament, auf dem unsere Gesellschaft ruht: die Achtung vor der Würde des Menschen.

Sozialamt Hamburg-Altona